Auf Instagram und Facebook haben wir euch aufgefordert, uns eure kreativen Arbeiten aus eurer Quarantäne zu zuschicken. Lea ist eine von denen, die Einblicke geben.
Lea ist 18 Jahre alt und schreibt schon seit fast immer. In ihren Texten wird das, was ihre Augen sehen, zu Buchstaben. Hier beschreibt sie, wieso es so schwierig ist, Dinge zu erreichen und gleichzeitig genug Zeit für sich zu haben.
Alltagsparadoxa
Wir sind im Zeitalter der Non-Stop-Erreichbarkeit. Wir leben schneller, wollen mehr. Wir wollen alles optimieren, wollen möglichst viel verdienen, um dann möglichst viel zu geniessen. Wir wollen alles erreichen, keine Zeit verschwenden und dabei nie unser eigenes Wohlbefinden aus den Augen verlieren.
Doch hörten wir uns mal genauer zu, dann würden wir vielleicht erkennen, dass all diese Optima Paradoxe sind. Denn wer viel erreichen will, hat nicht viel Ruhe und wer immer nur am Rennen, Machen und Erreichen ist, der hat kaum Zeit für die eigene Entspannung. Ich weiss, wir reden uns alle gerne ein, dass ein Ruhetag am Sonntag dann schon reicht, um die ganze gehetzte Woche wieder auszugleichen. Doch eins zu sechs ist kein gutes Verhältnis. Schlussendlich kannst du auch am Sonntag nicht ganz abschalten und dann kommt doch noch etwas dazwischen. All die Arbeit vom Samstag hast du auch auf den Sonntag verschoben, weil du selten etwas erledigst, das nicht bis morgen fertig sein muss. Und weil das noch nicht genug war, büffelst du am Montag bis tief in die Nacht, obwohl du es eigentlich wenigstens da ruhig nehmen wolltest. Mit schweren Augen und müdem Körper schwörst du dir am Dienstag, das nie wieder so zu tun und ein Männchen lacht in deinem Kopf, weil du eigentlich genau weisst, in was für einem Teufelskreis du dich befindest. Nimmst du dir nämlich mal Zeit für dich, so bleibt die Arbeit eben liegen und macht sich nicht von alleine. Also schiebst du am nächsten Tag wieder eine Nachtschicht ein. Meine Biolehrerin wollte wissen, wer von uns in den letzten Tagen regelmässig acht Stunden geschlafen hat und niemand meldete sich. Sie meinte, sie wolle uns in der nächsten Stunde davon erzählen, wie wichtig genug Schlaf ist. und Im nächsten Satz erwähnte sie die Deadlines für unser nächstes Projekt, für das wir zuerst natürlich noch eine perfekte Projektskizze einreichen müssen. Liegt’s an mir oder widerspracht sie sich da selbst?
Wir wollen uns minimalistisch bewegen, möglichst optimistisch durch den Tag, auch wenn wir realistisch gar nicht alles ertragen. Wir wollen produktiv sein, alles erledigen und sprechen nur im Konjunktiv über unser Wochenende. Falls ich nichts zu tun habe, ganz vielleicht, eventuell, es wär’ ein Wunder, wenn das geschähe, dann würde ich mir Zeit für mich nehmen, mich in ein warmes Bad legen, eine Kerze anzünden, mein Lieblingsbuch lesen und später Rotwein trinken und Jazzmusik hören. Doch sind wir mal ganz ehrlich, du weisst genauso gut wie ich, dass es wieder anders enden wird. Dassdu am Samstag bis in die Morgenstunden unterwegs bist, um dann bis um halb zwölf zu schlafen und last minute am Sonntagabend deine Schulsachen zu überfliegen.
Und doch: Ein Hoch auf die imperfekte Jugend, auf das unplanbare Leben und auf all die ungemachten Aufgaben.
Denn wenn ich dafür Schönes erlebe, so lerne ich gerne bis tief in die Nacht.
Und wenn ich, anstatt zu lernen, ins Leben rausgehe, so habe ich später wenigstens Geschichten zu erzählen.
Bist auch du momentan in deinem Zimmer kreativ, dann lass es uns wissen und schreib uns auf Facebook oder Instagram.
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