GIF: Pia Zibulski
Die schwammige Zeit, in der man nicht weiss, welcher Wochentag es ist und man sich “Frohs Neus” wünscht, ist überstanden. Zurzeit befinde ich mich mit meinem Kollektiv in einer Künstler*innen-Residenz in einem kleinen Ort zwischen verschneiten Bergen, um an einer neuen Performance zu arbeiten. Wir beschäftigen uns mit dem Körper im digitalen Raum, was dazu führte, dass ich mich die letzten Tage intensiv mit meinem Verhältnis zum Internet und insbesondere Sozialen Medien auseinandersetzte. Dabei wurde mir bewusst, was für ein wechselhaftes Verhältnis ich zu diesen Plattformen, vor allem Instagram, habe.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich genau zwei Stimmungen, wenns um Instagram geht: Ich liebe es oder ich hasse es. Etwas dazwischen gibt es nicht. Einerseits liebe ich die Reels, die mir vorgeschlagen werden. Mein Algorithmus hat mir eine perfekte kleine Welt aus easy veganen Rezepten, Queer-Content und süssen Hundevideos zusammengestellt.
Mein Feed ist voller Menschen, die mich auf verschiedenen Ebenen interessieren, spannend sind, die ich kenne, lustig finde und die mir Unterhaltung bieten. Dafür liebe ich das Internet: Es bringt mich zum Lachen, ich kann mit anderen Menschen mit ähnlichen Meinungen connecten und oftmals lerne ich auch etwas. Ich bin ein Fan.
Trotzdem muss ich zugeben, dass ich auch die problematischen Seiten von Social Media sehe. Versteht mich nicht falsch, ich werde euch jetzt nicht weismachen wollen, dass die Sozialen Medien der Grund allen Unheils auf der Welt sind und die Menschheit dadurch verdummt, wie das manche Boomer denken. Wenn wir mal ehrlich sind: Ohne Instagram war die Welt auch kein besserer Ort. Ihr habt nur nicht mitgekriegt, wie scheisse alles war, weil Zeitungen tausendmal länger für Berichterstattungen brauchten und es keine Kommunikationsmöglichkeiten mit dem anderen Ende der Welt gab. Also beruhigt euch Rolf und Ursula. Hört auf mit eurem Gemecker darüber, dass durch das Internet die menschliche Interaktion verkümmert. Es interessiert uns imfall nicht und dazu kommt noch, dass es auch einfach nicht wahr ist.
Aber zurück zum Thema. Wo ich den Boomern wiederwillig zustimmen muss: Beim Suchtpotenzial. Besonders in der Zeit zwischen den Feiertagen und Silvester verfiel ich in einen Insta-Reel-Binging-Zustand, in dem ich jegliches Zeitgefühl verlor. Irgendwann erwachte ich dann aus der Trance, realisierte, dass ich mehrere Stunden nur in mein Telefon geglotzt hatte und tatsächlich fühlte ich mich immer schlecht – auch abgesehen von den Kopfschmerzen, die die Handystarrerei bei mir auslöste.
Mittlerweile habe ich realisiert: Je mehr Zeit ich auf Instagram verbringe, desto schlechter geht es mir. Mein Kopf ist reizüberflutet, meine Augen überlastet und mein Gehirn Matsch. Es tut mir nicht gut, den ganzen Tag Menschen beim ästhetischen Kochen oder Hunden beim Stolpern zuzuschauen. Auch wenn ich etwas vermeintlich Produktives lese und mich educate durch Posts von Aktivist*innen ändert nichts an dem Fakt, dass ich mich am Ende des Insta-Tages leer und allein fühle. Es ersetzt nicht die Interaktion mit anderen Menschen – oder zumindest für mich nicht. Ich liebe das Internet und alles was es zu bieten hat, aber ich sollte es nur zeitlich begrenzt enjoyen.
Ich würde aber behaupten, dass die positiven Aspekte trotzdem überwiegen. Wo sonst würde ich all meinen lustigen lesbian Content herkriegen und gleichzeitig über das Konstrukt hinter Gender und Binarität educated werden? Wikipedia could never. Darum: Ihr werdet mich weiter auf Social Media finden. Nur vielleicht nicht mehr ganz so häufig – je nachdem wie konsequent ich sein werde. Meine Handy erinnert mich auch gerade daran, dass ich genug Instagram für heute hatte.
Bussi Baba
Illustration: Pia Zibulski
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