Die polnische Netflix-Miniserie «Absolute Anfänger» erzählt die Geschichte der besten Freund:innen Lena und Nico, die einen Sommer an der Ostseeküste Polens verbringen, um einen Film für die Bewerbung an einer Filmhochschule zu drehen. Dabei geht es nicht nur in ihrem Film um Intimitäten, sondern auch in ihrer Beziehung im echten Leben um intensive und intime Freundschaft. Um einen ersten Kuss. Um den ersten Sex.
Die Beziehung zwischen Lena (Martyna Byczkowska) und Nico (Bartłomiej Deklewa) wird nie richtig gelabelt und bewegt sich irgendwo zwischen inniger Freundschaft und aufkeimender romantischer Liebe. Nico bildet dabei das ausgleichende Gegenstück zu der mit Autismus diagnostizierten Lena.
Als die beiden Igor (Jan Sałasiński), einen Basketballspieler, vor dem Ertrinken retten, ändert sich die Dynamik zwischen Lena und Nico. Igor wird Teil ihres Filmprojekts. Während Lena intime Szenen für ihren Film drehen möchte, zeigt sich Nicos Unwohlsein deutlich. Igor übernimmt schliesslich Nicos Rolle in diesen Szenen, was zusätzliche Komplexität in ihre Beziehungen bringt. Es scheint, als wollen die Jungfilmmacher:innen ihre Scheu vor dem ersten Sex durch ein geskriptetes Drehbuch überwinden. Auf der einen Seite geben sie sich ihrem Gefühl hin, auf der anderen Seite verlieren sie sich in ihrem Unbehagen.
Parallel dazu bieten die befreundeten Ehepaare, die Eltern der Jungfimmacher:innen, eine erwachsene Reflexion ihrer jungen Erfahrungen. Lenas Mutter (Katarzyna Warnke) verkörpert eine Frau, die ihre eigenen unkonventionellen Vorstellungen von Liebe und Beziehungen lebt und somit ein Pendant zu Lenas innerer Welt darstellt. Nicos Vater (Andrzej Konopka) hingegen hadert mit seiner eigenen Jugendliebe und reflektiert die emotionalen Konflikte und das Unvollkommene, das auch die Kinder erleben. Die Suche nach Identität und Liebe bleibt so kein jugendliches Phänomen, sondern ein lebenslanger Prozess.
Die Serie spielt vor einer Kulisse, die an die Filme der 70er-Jahre erinnert und eine Sehnsucht nach Freiheit und Unbeschwertheit weckt. Den Regisseurinnen Kamila Tarabura und Nina Lewandowska gelingt es, eine künstlerische Verzückung zu erzeugen, die zwischen Sehnsucht und Scheu nach Liebe, intensiver Körperlichkeit und der Suche nach der eigenen Identität pulsiert.
Mich hat «Absolute Anfänger» durch die gelungene Mischung aus nostalgischer Ästhetik und zeitgenössischen Themen tief berührt und eine Sehnsucht nach einem jugendlichen Sommer am Meer, leidenschaftlicher Liebe und Intimität geweckt. Besonders eindrucksvoll war die Verletzlichkeit der Charaktere, die ihre Menschlichkeit auf eine authentische Weise zeigen. Wer Geschichten schätzt, die romantische und introspektive Aspekte verbinden, und wie ich nur allzu gerne dem hoffnungslosen Romantiker:innentum verfällt, dem kann ich diese liebevolle Hommage an die Jugend ans Herz legen.
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