Ich suche mir in einer neuen Stadt – oder in einer wiedergewonnenen Stadt – als erstes meine Plätze. Es sind Orte, an denen man seinen Gedanken nachhängen kann. So gesehen bin ich ein Gewohnheitstier. Ich habe mein kleines Café ums Eck für den morgendlichen Kaffee; und für den am späten Nachmittag kenne ich eine Terrasse, auf welcher ich die letzten Sonnenstrahlen geniessen kann. Kaffee spielt an diesen Orten oft eine grosse Rolle.
In Lausanne finden sich meine kleinen Orte überraschend nahe beisammen. Denn meine eigene Terrasse zuhause und die eben erworbene italienische Kaffeemaschine bieten mir fast alles, was ich brauche, um mich heimisch zu fühlen. Besonders für meine private Oase, aus welcher ich schreibe, rettet mich die Terrasse. Zwar nächst der Riponne, doch im sechsten Stockwerk auf Augenhöhe mit den Dächern feiert man seine kleine Freiheit, mitten in Lausanne. Es ist meine selbst gewählte Oase. Eine durchlässige Membran, über die ich selbst bestimmen kann. Über den Ausblick lässt sich streiten. Einige halten es für Paris und andere für Athen.
Die Nacht präsentiert sich als funkelnde Schlucht aus lebendigen Lichtern. Dabei erahnt man den See und die Berge auf Französischer Seite am Horizont.
Foucault würde diese Orte der Momente als installierte „Heterotopie“ benennen, einen Ort ausserhalb der gewohnten Zeit und Raumangaben. Zurzeit geniesse ich die paar zerstreuten sonnigen Tage. Es hat auch seine schönen Seite, zwei Drittel der Studienzeit von daheim aus arbeiten zu müssen. Dies resultiert in einer scheinbaren Ausdehnung der Zeit.
Auf meine kleine, selbst inszenierte Oase ist verlass, denn die wird nie schliessen. Mein Schreibplatz wird mir stets treu bleiben, lichtdurchflutet unter dem Fenstersims eingerichtet, arbeitet sich’s hervorragend mit Sonne im Gesicht, Musik in den Ohren und einem Kaffee neben mir.
Andere solche Orte in Lausanne sind das „Café Grancy“, sie leiht dir etwas Heimeligkeit. Es gehört zwar schon lange nicht mehr zu den Geheimtipps, jedoch hat das Café nie seinen Charme verloren und begeistert mit seinem zufällig und doch stilvoll zusammengewürfelten Grossmutter-Stuben-Groove.
Etwas Gelassenheit tankt man auch in der „Couronne d’Or“, eingerichtet mit einem kleinen Gärtchen und ganz in Holz ausgestattet. Es ist eine „Pépite d’Or“ Lausannes.
Es ist kaum zu übersehen, wie immer mehr Tag zu Nacht wird. Die Sehnsucht nach den langen Abenden am See, in der Buvette „La Jetée“, schleicht sich ein. Einer der Orte, an denen man die sommerlichen Nächte der Stadt erleben kann.
Doch die Stadt unter Nachthimmel hat seine schöne, ruhige Seite, die dich umhüllt und in welcher du dich von den Lichtern leiten lassen kannst. Der Winter scheint uns in dem Fall in die Karten zu spielen.
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