Ich gebe zu, die Sexualität, meine, war lange etwas, das nicht mir gehörte. Ich trug sie wie einen Felsen auf den Schultern. Ihre Last war eine, die mann mir aufgeladen hatte – gross und schwer, brach sie mir manchmal die Beine und schlug Kerben in meine Perlmutthaut.
Mit der Zeit lernte ich ihn zu nutzen, den Fels auf meinem Rücken, wie einen Panzer – solchen, wie ihn Schildkröten tragen. Seine harte Abgebrühtheit konnte nichts mehr erschüttern, doch wurde er mit jedem Aufeinandertreffen zwischen mir und mann schwerer.
Meine Sexualität war kein schönes, heimliches Ding für mich. Keine Perle, die man in die Faust geschlossen, in sicheren Momenten glücklich betrachtet oder sie manchmal stolz um den Hals trägt. Ich bewunderte sie nicht, dafür war ich zu blind erzogen worden und erkannte sie nicht als kostbaren Besitz.
Ich weiss nicht wie die Perle aussieht – meine Sexualität – ohne das Intervenieren der Männer. Ich verlor sie aus den Augen in dem Moment, da ich sie fand. Sie war nicht meine. Sie war eine Reaktion. Eine notwendige Antwort auf die Lust gieriger Augen.
Mein Körper war ein Gegenstand in diesem Blick, den mann mir überstreifte wie ein nasses Laken, das sich an mich heftete mit dunkler Unsicherheit.
In diesem Geschlechterblick war meine Perle ein Tauschobjekt, ein eingeforderter Preis, eine erzwungene Entscheidung. Hier stand sie zwangsläufig immer in Verbindung mit ungefragten Avancen, überschrittenen Grenzen, abgerissenen Mauern, dem zerfetzten Nein in der Luft. Ein Gegenstand im wilden Ozean des Erwachsenwerdens. Dieser Männerblick umschloss meine Perle schliesslich in der Schicht aus Geröll.
Es hat viel Zeit gebraucht, zu merken, dass es keine Perle gibt. Dass meine Sexualität kein Ding ist, kein Fremdkörper und kein Objekt.
Es gibt keine Perle. Diese besitzanzeigende Auffassung ist vielleicht bereits eine Erfindung des Patriarchats. Es gibt keine Perle, wenn überhaupt, gibt es da nur mich und meine Perlmutthaut. Ist das, was mir Lust macht, was mir gefällt und meine Fähigkeit Freude zu empfinden doch genauso ein Teil von mir, wie meine Beine, meine Hände, mein Gesicht. Nur der Fels ist real, die Last des male gaze, seine Erwartungen und seine Bedrohung.
Doch gab es überhaupt je eine, dann bin also ich diese Perle, eine Muschel- und Meerschaum-fröhliche Geburt. Eine Venus, die kein Mann sich ausgedacht hatte. Eine kostbare Gestalt, die selbst Mal bloss ein Sandkorn war und um die sich, im Verlaufe meiner Teenie-Jahre, Stein angesammelt hatte. Das Geröll schlechter Erfahrungen und geplatzter Träume. Im Inneren aber bin ich noch immer diese Perle, nur mit ein, zwei Kerben und bleibe ich noch länger in der Meeresbrandung meines Lebens stehen, mit Zuversicht und Sicherheit, spülen die Wellen meine Perlmutthaut frei.
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