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AutorenbildMax Kaufmann

Zimmerpflanzen als Guilty Pleasure


Illustration: Pia Zibulski


Mein Rechtschreibprogramm kennt keine «Sukkulentenliebe». Ich auch nicht. Wer das Wort aber auf Instagram als Hashtag sucht, findet über 26’000 Beiträge in deren Kommentaren die ganze Community unglaublich excited jedes frisch ausgeschossene Blättchen bejubelt. Nicht dass ich diese Accounts abonniert habe – durch Timelines voller Topfpflänzchen zu scrollen ist mein höchst seltenes Guilty Pleasure. Denn auch wenn ich den ästhetischen Aspekt eines begrünten Zimmers verstehe, bleibt da eine gewisse Skepsis gegenüber Topfpflanzen. 


Zuerst mal: Ja, ich habe zwei Zimmerpflanzen. Pflänzli eher, solange sie nicht endlich mal richtig zu wachsen beginnen. Und nein, ich starte keinen Hilferuf in meinen Stories, wo alle, bei denen die Bilder des bräunlichen Strunks Mitleid auslösen, ihre Ferndiagnose über den Gesundheitszustand meiner Aloe Vera stellen können. 


Es wird schon genug über Pflänzli geredet. Ob die jetzt die Energie eines Schlafzimmers positiv oder negativ beeinflussen zum Beispiel. Mit einer verkümmerten Aloe Vera auf dem Fenstersims mache ich mir da aber keine Sorgen. Das Pflegen hingegen, das so entspannend sein soll, ist doch purer Stress. Schlaflose Nächte wegen braunen Rändern an den Blättern? Nein danke. Ich würde mir nie eine teure Pflanze zutun und auch keine emotional zu wertvoll werden lassen, indem ich sie auf einen Namen taufe. Ich weiss nämlich, dass ihr da draussen das alle tut!


Aber zu haten gibt’s ja immer etwas. Jetzt gerade nehmen Topfpflanzen diese Funktion ein. Vielleicht auch als Spätfolge des Lockdowns, wo plötzlich alle anfingen zu gärtnern und vom Gefühl von Erde unter den Fingernägeln schwärmten. Fest steht jedoch: Keine Pflanze, auch nicht, wenn sie Babsi heisst und täglich in deiner Story mit dir einen Morgenkaffee trinkt, nervt annähernd so fest, wie jegliche von Pferderücken hinab aufgenommenen Bilder und Videos. Das liegt nicht mal am kühlen Nicken von oben herab, mit dem so manche Reiter*innen grüssen, sondern eher an den Bildunterschriften der Posts. Nach dem Lesen von Kommentaren wie «Don’t worry, don’t cry. Ride a horse and fly.», haben keimende Setzlinge und Knospen, die zu blühen beginnen, fast schon etwas Tröstliches.


Topfpflänzli mögen zwar zunehmend in mein Leben wuchern, aber dennoch würde ich mich nicht trauen, Pflanzenliebhaber*innen als basic oder möchtegern-trendy zu bezeichnen. Nicht seit ich an Paletten für das Bett in meinem WG-Zimmer rumschleife. Weil am Fussende ein wenig Ablagefläche übrig bleibt, entsteht dort ein Nachttischchen. Vielleicht mit der Aloe Vera darauf. Aber wenn dann nur, weil der Platz sonst ungenutzt wäre. Echt. 





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